Groß ist sie nicht, Würzburgs „Pleich“ innerhalb des Altstadtrings, dem sogenannten „Bischofshut“. Doch ein Erkundungsspaziergang durch eines der ältesten Viertel Würzburgs fördert manch Unerwartetes zutage – so etwa einen veritablen Dorfplatz rund um die Kirche „St. Gertraud“.

Nicht mal jede/r Einheimische kennt sie – die Pleich, die wie ein Dorf im Zentrum Würzburgs vor sich hin zu träumen scheint. Die Würzburgerinnen und Würzburger unterscheiden die Innere und die Äußere Pleich. Letztere ist für Ortsunkundige per pedes weniger spannend, wenngleich sie wegen ihrer imposanten Gründerzeitarchitektur bis 1945 als Viertel der Reichen und Schönen galt.

© Björn Rudek

‚Pleich‘ leitet sich vom Bach Pleichach ab. Fließendes Wasser wird dafür gesorgt haben, dass sich im Mittelalter viele Handwerker ansiedelten, wovon das 1521 erbaute „Handwerkerhaus“ in der Pleicherkirchgasse bis heute zeugt. 

Der Fachwerkbau – das älteste erhaltene Bürgerhaus Würzburgs – verfiel nach dem II. Weltkrieg, ehe der Verschönerungsverein der Stadt es retten konnte. Grabungen förderten Scherben aus dem 8. bis 12. Jahrhundert zutage. Vielleicht stammten diese von den zahlreichen Metzgern, Gerbern und Töpfern der Pleich, in deren Dunstkreis sich „leichte und gefallene Mädchen“ herumgetrieben haben sollen, wie es heißt. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Es geht gemütlich zu, im Sommer fast mediterran.

Unerwartete Entdeckungen

© Stadtarchiv

Und still ist die Pleich. Ein Bummel durch die engen, oft kurvigen Gassen fördert manch unerwartete Entdeckung zutage: Inmitten der Inneren Pleich liegt auf einem Bilderbuchdorfplatz die Kirche St. Gertraud aus dem 12. Jahrhundert. Umbauten des 13. Jahrhunderts sowie zur Echterzeit im 17. Jahrhundert verliehen ihr ihre heutige Gestalt.

1987 geriet die Pleich sogar in die nationalen Schlagzeilen. Beim Abriss eines Hauses wurden rund 1500 jüdische Grabsteine aus dem 12. bis 14. Jahrhundert gefunden. Der spektakuläre Fund – die weltweit größte Sammlung mittelalterlicher Grabsteine – wird heute im Jüdischen Museum „Shalom Europa“ aufbewahrt. Für die Dokumentation des Funds meldeten sich 175 Studierende der katholisch-theologischen Fakultät, die zwischen 1988 und 1994 über 4000 kostenlose Arbeitsstunden leisteten.

Die Pleich heute

In den Gassen der Inneren Pleich hat sich vielfältige Gastronomie angesiedelt. Man wandelt also bestens versorgt auf dem Pfad der Geschichte im Herzen von Würzburg. Die Äußere Pleich grenzt an ein Areal, das bis in die 1940er Jahre als Handelshafen diente. Nachdem außerhalb der Stadt der Neue Hafen errichtet worden war, wich es zum Teil dem Würzburger Heizkraftwerk und zum Teil einer ganz besonderen kulturellen Nutzung: dem Kulturspeicher.

© Stadtarchiv

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